vom 23.08.2016
Liebes Team im Albert-Schweitzer-Tierheim Bonn,
vor gut vier Wochen haben Sie uns Herbie anvertraut und meinten, wir sollten uns bei Gelegenheit mal melden, wie es denn so läuft. Die beste Nachricht zuerst: Herbies Nierenwerte sind, wie der letzte Bluttest ergeben hat, wieder im Normalbereich und wir konnten zu seiner großen Freude sein Futter umstellen.
Er hat unser Leben auf die angenehmste Weise umgekrempelt. Sicher ist er ein betagter Herr, aber sein Bewegungsdrang wird mit jedem Tag größer; und seine (und unsere) Kondition mit jedem Tag besser. Neben dem morgendlichen und abendlichen Toilettengang freut er sich mittlerweile auf zwei große Spaziergänge am Tag. Ansonsten lässt er sich am besten so beschreiben: fröhlich verfressen (er hat fast drei Kilo zugenommen), vergnügungssüchtig (der Tag kann gar nicht aufregend genug sein) und mehrheitlich unkompliziert. Er genießt, dass fast 24 Stunden am Tag jemand als Ansprechpartner im Haus ist und fährt völlig entspannt im Auto mit, wenn wir beruflich einmal Kunden besuchen müssen. Neuen Menschen begegnet er mit Neugierde und freut sich in Maßen über ihre Aufmerksamkeit, signalisiert aber sehr deutlich, wenn er genug hat und zeigt ihnen dann seine Rückansicht.
Ansonsten ist er ein großer Freund von Gängen zur Postagentur, da er mittlerweile genau weiß, dass dort eine Dose mit Hundekeksen hinter der Theke steht, hat sich mit den Fachverkäufern der Bäckerei um die Ecke angefreundet, die für ihn jeden Morgen eine kleine Leckerei bereithalten (weshalb wir mittlerweile statt nur am Wochenende nun jeden Tag Brötchen essen), und hat die Herzen der Nachbarschaft erobert.
Nach getaner Arbeit (für ihn sind das Morgenspaziergang und Frühstück) liegt er irgendwo in der Wohnung zum Schlafen – allerdings immer in Sichtweite – und man weiß nie, wo man gerade auf ihn trifft. Mit fortschreitender Tageszeit rückt er dann unauffällig immer näher an den Schreibtisch heran, um zu zeigen, dass er für den nächsten Spaziergang bereit ist, wartet aber geduldig, bis die anstehenden Arbeiten abgeschlossen sind.
Da er so agil geworden ist, haben wir uns in den ersten Wochen an eine mit Huskys und Husky-Mischlingen erfahrene Trainerin gewandt, die uns ein paar Tipps gegeben hat, wie wir ihn auch geistig fordern können, wenn sein Tatendrang zu groß wird.
Die Beueler Rheinwiesen sind sein absoluter Lieblingsplatz. Hier können wir ihn mittlerweile ohne Leine fröhlich toben lassen (und er kommt auf Kommando zurück). Apropos Kommando: Er hatte wohl von einigen Kommandos eine anerzogen andere Vorstellung als wir. Deshalb haben wir auf Anraten der Hundetrainerin gemeinsam mit ihm – und auf Grundlage von vielen Lieblingsnaschereien – neue Kommandos entwickelt, die unsere Kommunikation unterstützen und uns gemeinsam helfen, zu wissen, was wir voneinander wollen.
Noch in der letzten Woche hätten wir Ihnen geschrieben, dass Herbie es nicht so mit den großen Streicheleinheiten hat. Aber er musste wohl noch ein bisschen mehr ankommen. Mittlerweile ist ihm der direkte Kontakt zu uns sehr wichtig und er kommt von selbst und fordert das Streicheln und die Nähe ein.
Die erste Lektion, die wir von ihm gelernt haben, war: Wir haben jahrelang in dem Irrtum gelebt, eine Couch zu haben, dabei war es doch schon immer ein großer Hundekorb, in dem nur der Hund fehlte. Diesen teilt er nun, nachdem wir es begriffen haben, gerne und bereitwillig mit seinen Zweibeinern.
Er ist eine unglaubliche Bereicherung und wir zollen ihm jeden Tag großen Respekt dafür, dass er sich nach über zwölf Jahren in anderer Umgebung so begeistert auf unser neues gemeinsames Leben eingelassen hat.
Mit besten Grüßen aus Bonn,
Herbie und Co.