Post von Elli (Suzzy)

vom 27.05.2017

Liebes Tierheim-Team,

Elli, die ehemals Suzzy hieß, aber in Erinnerung an ihren caniden Sofa-Erbonkel Sid einen Ice-Age Namen bekam, ist jetzt seit mehr als einem Jahr bei uns und hat eine unglaubliche Entwicklung gemacht. Es ist jetzt ein Roman geworden, die Kurzform ist: Elli ist hier richtig angekommen und es geht ihr gut 😉

Wie ich es immer wieder von meiner liebsten “Rasse”, dem “Secondhand” Hund sage, zeigen Hunde mit Geschichte erst nach ein paar Wochen ihr wahres Gesicht und ihre Baustellen. In Ellis Fall waren ja weit mehr als nur zwei Hände beteiligt, denn sie muss doch ursprünglich aus dem Süden sein, der Leishmaniosetest, den wir vorsichtshalber vor der Kastra samt Blutbild haben machen lassen, zeigte Antikörper.

Ihre oberflächliche Zugänglichkeit bröckelte schnell und offenbarte eine kleine verunsicherte Hundeseele die nie echtes und tiefes Vertrauen zu Menschen aufgebaut hat und generell sehr unsicher war, sei es gegenüber Menschen, Kühen, oder sonstigen Umweltreizen. Aber bei so vielen Zwischenstationen in ihrem jungen Leben ist das nicht wirklich verwunderlich.

Nach den ersten großen Fortschritten folgte leider eine Pechsträhne, sie wurde mehrmals von anderen Hunden angefallen. Die körperlichen Auswirkungen waren nur oberflächlich, aber ihre Reserviertheit gegenüber Artgenossen schlug in Panik um. Die üblichen “klugen” Ratschläge anderer Hundebesitzer waren nicht natürlich nicht fern, egal wie ausschweifend man zu erklären versuchte, warum es jetzt echt blöd ist, drei freilaufende Hunde auf einen angeleinten Hund loszulassen, auch wenn die nur spielen/belästigen wollen.

Mein persönlicher Favorit ist immer noch der Rat einer Dame, Elli, ihres Zeichens Podenco Mix, damals 3 Wochen aus dem TH, einfach abzuleinen und mit ihren Hunden im von Wildtieren bevölkerten Wald laufen zu lassen – “die rennt nicht weg, weil das Rudel ja hier ist”.

Während wir also unser Hundehalte-Bullshitbingo spielten, stellten wir dann auch unsere Negativrekorde auf und ich fuhr regelmäßig mit dem Auto raus, um sie mit Mühe und Not 1 km weit auszuführen, ehe sie in blinder Panik ausrastete, weil sie irgendwo einen Hund hörte/sah, oder aus einem anderen mit menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbaren Grund nicht mehr vom Fleck, oder nur panisch weg wollte. Jeder Hund sorgte bereits als Schemen am Horizont zu Panik und Ausrastern, also änderten wir die Gassi Taktik erst einmal dahin, umzukehren, solange sie noch nicht in den Panikmodus geschaltet hatte. Bodenarbeit mit Pferden, oder mit Panik-Podencos, ich glaube die Unterschiede liegen primär in der Gewichtsklasse.

Sonntags unternahmen wir Ausflüge zu meiner Schwester und ihren 2 Hunden, die ich gut kannte, um Elli vorsichtig wieder beizubringen, dass Hunde auch ganz toll sein können. Fluffel, eigentlich Sunny (der blonde Labbi im Foto) nach seinem sonnigen Labradorgemüt benannt, war auch beim ersten Damenbesuch höchst entzückt, bis Elli überzeugend so tat, als wollte sie ihnm in den blonden Po zwicken. Also liefen wir den ersten Spaziergang mit ein paar Metern Abstand hinter Sunny hinter her, der sich ab und zu, besorgt um die Intaktheit seines Hinterteils, umblickte. Am Ende des ersten Spaziergangs schnüffelte Elli immerhin mal vorsichtig neben Sunny.

Beim zweiten Besuch kurze Zeit später, schnüffelte man schon mal nebeneinander und rempelte sich an. Elli machte allerdings ziemliches Theater, sobald sie irgendwo Ressourcen bedroht sah. Über den Hof (Milchkühe) konnten wir am Anfang gar nicht gehen, mega gefährlich. Mein Schwager? Mega gefährlich. Mein Hunde erfahrener Vater? Mega gefährlich.

Fast Forward heute: Wir fahren zum Hof meiner Schwester, Elli rastet aus. Vor Freude. Läuft eine große Runde mit dem Fluffel, spielt mit ihm mit Stock, Ball, Frisbee, teilt ihre Leckerlies, planscht im Wasser und hat einfach wahnsinnig Spaß. Begrüßt anschließend die Hunde Geriatrie (meine Schwester hat zum Glück auch ein Herz für 2nd Hand Hunde, besonders Senioren mit Wehwechen) und schäkert mit Charlie herum und beäugt den schüchternen Neuzugang. Sie guckt interessiert bei den Hühnern (durchaus jagdlich/kulinarisch motiviert) und geht auch mit über die Kuhwiese. Auch an Pferden können wir im Normalfall ohne Probleme vorbei gehen.

Das Vertrauen zu Menschen? Muss man sich bei ihr immer noch verdienen. Sie beobachtet erst einmal und muss dann von sich aus Kontakt aufnehmen dürfen. Männer haben es bei ihr immer noch generell schwerer, aber sie ist ungezwungener, offener und akzeptiert auch Besucher. Fremde werden immer noch initial angebellt, aber das ist wohl auch Pondeco typisch.

Sie liebt die Ausflüge zu meinen Eltern, kuschelt sich an meinen Vater an, lässt sich von unseren männlichen Besuchern kraulen, hat inzwischen auch ab und zu Kontakt zu einem Kleinkind (große Liebe) und hat generell großen Spaß daran in großen Gruppen zu laufen. Bei Hunden entscheidet die Sympathie, aber wir haben inzwischen auf unseren Runden auch einige Freunde gefunden (auch Hündinnen, die sie anfänglich durch die Bank prinzipiell doof fand).

Als sie zu uns kam, kannte sie weder Ball noch Frisbee oder Futterbeutel und die ersten Versuche scheiterten u.a. kläglich daran, dass sie sich überhaupt nicht konzentrieren konnte. Inzwischen ist Elli ein Frisbeejunkie und hält auch durchaus 40 min lang die Konzentration beim Spielen. Ebenso mit dem Futterbeutel. Sie hat wahnsinnig viel Spaß dabei ihn zu suchen und konzentriert sich auch gut auf ihre Nase. Intelligenzspielzeug findet sie auch toll- und das (Teil-) Barfen bekommt
ihr auch super.

Sie entwickelt sich immer mehr zu einer entspannten, liebenswert verrückten Mischung aus Schmetterling, Clown und Katze. Anhänglich, aber auch unabhängig, und sie weiß, wo sie hingehört und ich denke auch, dass sie weiß, dass sie für immer bei uns bleibt, auch wenn sie uns zwischenzeitlich wirklich bis zu Verzweiflung auf die Probe gestellt hat.

Herzliche Grüße und gute Vermittlung für all Ihre Schützlinge,
Stefanie J. mit Elli