Ein Tier für mein Kind?

KindIn vielen Familien taucht irgendwann der Wunsch des Kindes nach einem »Haustier« auf. Hunde stehen oft ganz oben auf der Wunschliste, aber genauso (manchmal auch als »Alternative«) Katzen, Kaninchen, Hamster, Meerschweinchen, Vögel, … .

Was tun?

Unabhängig von der körperlichen Größe des Tieres: die Entscheidung an sich ist immer gleich groß. Und sollte zum Wohle aller einige Überlegungen wert sein.

Was ist zu bedenken?

Gespräche mit vielen Experten in Sachen »artgerechter Haltung« zeigen: Egal, ob Hund, Katze oder »Kleintier«, der Aufwand für das neue Familienmitglied ist gleich:

  • für Beschäftigung sorgen, körperlich und geistig
  • tiergerechte Ernährung gewährleisten
  • viel Platz und Bewegung zur Verfügung stellen
  • emotionale Zuwendung bieten
  • ausgiebige Beschäftigung mit Lebensgewohnheiten und Bedürfnissen des Mitbewohners
  • medizinische Versorgung sicher stellen
  • zeitliche Verpflichtungen einplanen

Dazu kommt bei den meisten »Kleintieren«, z. B. Kaninchen oder Meerschweinchen, dass sie auf keinen Fall ohne Artgenossen leben dürfen. Hier gilt es dann auch, das soziale Gefüge der (Klein-) Gruppe im Auge zu haben.

Auch ist der notwendige Platz nicht zu unterschätzen – gerade auch bei den »Kleinen«: Kaninchen brauchen große Innen- bzw. Außengehege oder eigene Zimmer, in denen sie rennen können. Gleiches gilt für Meerschweinchen, Hamster, usw., Vögel brauchen Gesellschaft und große Volieren mit Freiflug – sie alle sind Bewegungstiere und laufen bzw. fliegen in Freiheit täglich viele Kilometer.

Wie gesagt: Es gibt keine »einfache« Entscheidung. Zum Wohle der Tiere – und auch zum Wohle von Eltern und Kindern!

Negative Folgen einer falschen Entscheidung

Es kann Erwachsene belasten, als Kind an dem nicht artgerechten bis leidvollen Leben eines Tieres beteiligt gewesen zu sein. Und Eltern plagen mitunter Gewissensbisse, dem eigenen Kind zu viel zugemutet zu haben.

Auch der Entwicklung von Einfühlungsvermögen kann es schaden, wenn falsche Lebensbedingungen und leidvolles Leben eines Tieres ausgeblendet werden (müssen).

Und größter Verlierer ist das Tier: es hat (zunächst) nur diese eine Chance für sein Leben.

»Nein« sagen – und dabei bleiben?

Vorwurfsvoll, rein rational, ausweichend, beschwichtigend, ablenkend – oder wie können Eltern beim Wunsch nach einem Haustier »Nein« sagen?

Anregungen

Den Wunsch des Kindes ernst nehmen, nachfragen, zuhören, verstehen wollen:
»Ich möchte Deinen Wunsch verstehen, erzähl mir mehr davon.«

Empathie/Rücksicht fördern:
»Lass uns herausfinden, was ein Kaninchen (Hund, Katze, Hamster, Schildkröte, …) braucht, um glücklich zu sein. Wie ginge es ihm alleine in einem Käfig? Wir können Kaninchen kein gutes Leben bieten, wir bräuchten nochmal so viel Platz, wie Dein Zimmer hat.«

Lösungsorientierung:
»Lass uns nach einer anderen Möglichkeit schauen, regelmäßig Kaninchen (Katze, Hund, …) zu treffen. Wie wäre es mit einem Patentier im Tierheim.?«

Selbstregulation und soziales Verhalten zu lernen, das heißt auch:
Nicht alle Wünsche erfüllen sich, man darf auch darüber traurig oder missgestimmt sein. Erwachsene sollten als Vorbild dafür dienen, dass eigene Wünsche nicht auf Kosten anderer Lebewesen durchgesetzt werden dürfen.

Darüber hinaus kann auch Ethik/Moralentwicklung gefördert werden:
»Leben an sich ist nicht käuflich, ein Tier kann man nicht ‘besitzen’. Tiere können aufgenommen werden, wenn sie sich in einer Notsituation befinden, nicht alleine überleben können, nicht geduldet sind. Dazu gehören z. B. Schützlinge aus Tierheimen.«

Und wenn alles passt, die Eltern ein bzw. mehrere Tiere aufnehmen und versorgen möchten?

Dann besuchen Sie ein Tierheim, lassen Sie sich beraten und nehmen Sie sich Zeit, Ihr neues Familienmitglied zu finden, für das Sie als Erwachsene Verantwortung übernehmen wollen.

Noch eine Bitte zum Schluss:

Sollten Sie bereits ein Tier bei sich haben, dem sie kein artgerechtes, glückliches Leben (mehr) ermöglichen können, auch dann können Sie verantwortlich und vorbildhaft handeln und es dem örtlichen Tierheim anvertrauen, der dann ein passendes Zuhause sucht.

Und: Ermutigen Sie andere, ebenso mitfühlend zu handeln.

 

Nicole Ernst
Dipl.-Psychologin